Liebe Eltern,

da denkt man als „alter Hase“, dass es nichts mehr gibt, was man nicht schonmal erlebt hätte oder zumindest nichts mehr ganz Neues.

Wie oft habe ich schon Aufsätze geschrieben über Eltern, vorzugsweise Mütter, seltener Väter, die die Liebe zu ihrem Kind massiv übertreiben und in völliger Realitätsferne eine Koalition eingehen mit dem Fehlverhalten Ihres Kindes.

Diese Überbesorgtheit der jeweiligen Elternteile und die immer sichtbarer werdende Tendenz, mit Kindern „auf Augenhöhe“ zu verhandeln schadet dem Kind und verbaut ihm die Chance auf eine gesunde Entwicklung.
Väter tun dies wahrscheinlich schon deshalb nicht oder nur seltener, weil sie entweder nicht da sind und die Erziehung der Mutter überlassen oder aus dem Familienverband ganz ausgeschieden sind.

Wenn unsere Kinder im Internat oder in der Ganztagsschule irgendwas anstellen, was nicht den Regeln entspricht haben wir oft sofort die Eltern an der „Strippe“ die versuchen, alle möglichen Erklärungen und Entschuldigungen für das Verhalten ihres Kindes zu finden. Dies ist bis zu einem gewissen Grad normal und richtig. Eltern müssen ihre Kinder beschützen.
Aber es ist falsch, bei jeder Kleinigkeit dem Kind vermeintlich beizustehen statt ihm selbst die Möglichkeit zu geben, seine Angelegenheit zu klären. Wenn zu Hause keine Eltern sind sondern Fanclubs, läuft irgendetwas völlig aus dem Ruder. Erst recht wenn das, was die Kinder zu Hause erzählen, ohne Wenn und Aber geglaubt wird und auf Basis dieses Wissens interveniert wird.

Da werden Noten angezweifelt, Kinder bei jeder Kleinigkeit zum Arzt geschickt oder zu Hause behalten, jeder Schritt zu Fuß ist augenscheinlich einer zuviel. Da kommen Eltern mit Polizei und Anwalt unangemeldet in die Schule um herauszufinden, wer bei einer Rangelei der Schuldige war…..und die Pflicht Schulkleidung zu tragen wird immer wieder, leider auch von Eltern, umgangen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen, dies betrifft gottseidank die meisten Eltern und Schüler nicht.
Aber die, auf die es zutrifft, machen uns und sich selber das Leben schwer.

Kinder müssen lernen, sich selber zu organisieren, sie müssen aus ihren Fehlern lernen dürfen. Dazu müssen sie sie aber erstmal erkennen und daraus die richtigen Schlüsse ziehen.

Kinder müssen stark gemacht werden, resilient. So nennt man die psychische Widerstandsfähigkeit und die Kunst, Krisen zu bewältigen. Kinder und Jugendliche mit dieser Eigenschaft verfügen über starke persönliche und soziale Ressourcen, auf die sie im Bedarf zurückgreifen können. Das sollte bei allen unseren Kindern gefördert werden.
Es ist leichtsinnig und grenzt an Körperverletzung, den Kindern und Jugendlichen diese Förderung vorzuenthalten.

Mit herzlichen Grüßen von der Düssel, Ihr Bernd Kesseler